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Spick 01/2004

Spick - 01/2004


 
Immer der Nase nach:
Die faszinierende Welt der Düfte


Das Riechen ist der seltsamste und spannendste unserer Sinne. Kein Reiz geht uns so nahe wie ein Geruch. Aber versuch mal, Düfte wie Farben zu beschreiben - unmöglich. Und noch immer gibt der Geruchssinn der Wissenschaft Rätsel auf.


 
"Mmmh! Hier riecht es doch nach, nach ..." - genau, nach frisch gebackenen Mandelguezli! Erinnert mich sofort an meine Oma. Wie sie mit der Schürze am Herd steht, in dieser kleinen Küche. Recht warm ist es da immer!"

Ein einziger Geruch - und gleich ein ganzer Schwall an Erinnerungen? Irgendwie kennt das jeder. Überleg mal, welche Gerüche dir in letzter Zeit begegnet sind. Haben sie dich an etwas erinnert? An einen Ort, einen Menschen, eine Situation? Hat ein Geruch vielleicht sogar sofort ein Gefühl bei dir ausgelöst? All das können Gerüche. Riechen, Fühlen, Erinnern sind ganz eng miteinander verbunden. Es gibt einen direkten Nerven-Weg von der Nase zu unserem Gefühls-Zentrum.

Das Geschäft mit dem Geruch

Ein unangenehmer Geruch, und wir fühlen uns gleich nicht mehr wohl. Ein verführerischer Duft, und wir schmelzen dahin. Geschickte Leute nützen das längst aus, um Geschäfte zu machen. Sie verbreiten mit speziellen Apparaten angenehme Gerüche in Warenhäusern, damit die Kunden länger bleiben und mehr Geld ausgeben. Sie locken die Grossen mit Kaffeeduft in ihre Läden, Kinder sollen Radiergummis kaufen, die nach Erdbeeren riechen. In Japan gibt es sogar Firmen, die versuchen, ihre Mitarbeiter Tag für Tag mit anregenden Düften bei Laune zu halten.

Bei der Aromatherapie werden bestimmte Duftstoffe ganz gezielt eingesetzt, um Krankheiten zu heilen oder schlechte Stimmungen zu vertreiben. Und das funktioniert wirklich: Ein Säckchen mit Lavendel neben dem Bett beruhigt ungemein. Ein paar Tropfen Bergamotte-Öl in einer Schüssel mit Wasser auf der Heizung, und du fühlst dich wacher und fitter. Aroma-Spezialistinnen verwenden extra Duftlämpchen, um sich mit angenehmen Gerüchen zu umgeben - für jede Stimmung einen anderen.

Ich kann dich nicht riechen!

Gerüche machen Stimmung - und zwar auch zwischen zwei Menschen. Einer, den du "nicht riechen kannst", ist dir nicht sympathisch. Und vielleicht liegt das ja tatsächlich daran, dass sein Körpergeruch dir nicht passt. Jeder Mensch hat nämlich seinen ganz eigenen Geruch. Wie Peter riecht und wie Jacob, wie Maria oder Lena, das ist in jeder ihrer Zellen gespeichert. Da hilft kein Parfüm und keine Seife, dein persönlicher Duft bleibt dir immer: Er ist vererbt! Je näher zwei Menschen miteinander verwandt sind, desto ähnlicher riechen sie. Jede Familie hat ihren eigenen Geruch - schon mal bemerkt? Aber nur eineiige Zwillinge riechen völlig gleich.

Tatsächlich können wir manch fremden Geruch besser leiden, einen anderen weniger gut. Auch das passiert ganz unbewusst. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich Frauen ihre Partner auch nach dem Geruch aussuchen! Ob das stimmt? Manches spricht immerhin dafür: Frauen können männlichem Schweissgeruch einiges abgewinnen - das ist erwiesen.

Verführerische Düfte

Gibt es beim Menschen einen Sexual-Lockstoff wie bei vielen Tieren? Das ist die Zehn-Millionen-Franken-Frage. Denn wer diesen Duft entdecken würde, der hätte endlich das Parfüm, auf das alle warten: Keiner kann ihm widerstehen. Doch ob es einen solchen Lockstoff wirklich gibt, ist noch immer ein Rätsel der Geruchsforschung. Und die Parfüm-Hersteller behelfen sich eben weiter mit Essenzen, die sie aus der Natur gewinnen oder im Labor erzeugen. Parfümeure, die Menschen mit den Super-Nasen, mixen daraus immer neue Kreationen. In edlen Fläschchen verkauft, lässt sich damit ein gutes Geschäft machen. Auch ohne Sexual-Lockstoff. Alleine in Frankreich werden jährlich zum Beispiel 60 Tonnen Lavendelöl produziert - ein wichtiger Bestandteil für viele Parfüms. Die lila blühenden Lavendel-Felder der Provence sind legendär. Das meiste aber kommt längst aus Chemie-Fabriken. Und das ist teilweise auch ganz gut so. Um Moschus-Duft zu gewinnen zum Beispiel, müssen keine Moschus-Hirsche mehr geschlachtet werden. Die ersten Parfüms gab es übrigens wahrscheinlich schon vor über 7000 Jahren. Die alten Ägypter salbten ihre Toten mit duftenden Cremes und verbrannten für die Götter Räucherharz. Düfte haben eben magische Eigenschaften!

Düfte machen sprachlos

So sehr wir Düfte lieben, so schwer fällt es uns, sie zu beschreiben. Oder kannst du sagen, wie ein Stück Leder riecht? Wie Leder eben. Und wirklich anders kann das niemand ausdrücken. Wer von Berufs wegen über Parfüms und Düfte redet, verwendet Begriffe wie blumig, faulig, stechend oder fruchtig. Aber wozu auch umständliche Beschreibungen? Im Zweifelsfall können wir sowieso gleich ganz genau sagen, wonach es riecht. 10000 Gerüche können wir unterscheiden. Die Zahl der einzelnen Stoffe, die irgendwie riechen, wird auf eine Million geschätzt! Daraus ergibt sich eine unendliche Fülle von Geruchs-Kombinationen. Der Duft einer Rose zum Beispiel setzt sich aus über 500 Einzelteilen zusammen. Wirklich wichtig sind dabei aber nur ein paar wenige. Sie übernehmen die "Führung". Oft genügt schon ein einziger solcher Stoff, damit wir einen Geruch eindeutig erkennen können. Und trotzdem fehlt dann noch etwas.

Jeder hat ein feines Näschen

Unser Geruchssinn lässt sich nämlich nicht so einfach an der Nase herumführen. Wir können noch die ähnlichsten Gerüche voneinander unterscheiden. Unsere Nase ist zwar längst nicht so fein wie die von vielen Tieren. Mit einem Spürhund können wir ebenso wenig mithalten wie mit einem Trüffelschwein. Trotzdem genügen uns von manchen Gerüchen schon winzigste Mengen, damit wir sie wahrnehmen. Leider sind auch ein paar unangenehme darunter. Schei... riechen wir sofort!

Witzig ist der Unterschied zwischen "Wahrnehmungs-Schwelle" und "Erkennungs-Schwelle": Wenn es ganz schwach nach etwas riecht, merken wir lediglich, dass es riecht. Aber was ist das nur? Erst wenn der Geruch stärker wird (und die Erkennungs-Schwelle überschreitet), erkennen wir auch, wonach es riecht. Schon mal beobachtet?

Wir können uns auch an einen Geruch gewöhnen. Nach einer gewissen Zeit nehmen wir einfach nicht mehr wahr, dass es immer noch nach Mandelguezli duftet. Wenn dann aber jemand zur Tür herein kommt und nach Pfefferminz-Kaugummi riecht, bemerken wir es sehr wohl. Man gewöhnt sich nämlich immer nur an einen bestimmten Duft, dem man die ganze Zeit ausgesetzt ist.

Von der Nase direkt ins Gehirn

Verantwortlich dafür, dass wir überhaupt etwas riechen, sind schlappe 30 Millionen Riechzellen. Diese Sinneszellen sitzen - natürlich - in der Nase. Und zwar ganz oben, mit direktem Zugang zum Hirn. Sie drängen sich in der linken und rechten Nasenhöhle jeweils auf einer Fläche, die nur so gross ist wie ein Zweifranken-Stück. Jede dieser Nervenzellen hat sich auf bestimmte Duftstoffe spezialisiert. Über tausend verschiedene Zelltypen

gibt es. Gemeinsam leiten sie ihre Signale auf kürzestem Wege direkt ins Gehirn. Dort entsteht dann unser Geruchs-Eindruck. Und vielleicht auch gleich ein Gefühl, eine Erinnerung ... Doch wie funktioniert das Riechen genau? Warum haben Dinge überhaupt einen Geruch? Was haben Erdbeeren und Schokolade gemeinsam, dass wir sie riechen können? Vieles davon ist noch immer ein Rätsel!

Köstlicher Duft - ekliger Gestank?

Erschnüffeln aber kannst du so manches, was die Wissenschaftler schon herausgefunden haben: Wenn es kälter ist, tun wir uns mit dem Riechen schwerer. Genauso wenn die Luft trocken ist. Dafür können wir manche Düfte viel besser wahrnehmen, wenn wir Hunger haben. Was meinst du, welche das wohl sein könnten?

Doch: Was duftet köstlich, was stinkt eklig? Vielleicht hast du auch schon mal mit jemandem über einen Geruch gestritten. Kein Wunder: Es gibt nur wenige Gerüche, die alle gut finden - viele davon entströmen Blumen. Und manches finden wir automatisch abscheulich - faules Fleisch zum Beispiel. Diese angeborene Ekel-Reaktion bewahrt uns schon seit Urzeiten vor verdorbener Nahrung. Doch die meisten Düfte sind echte Ansichtssache. Was dem einen stinkt, erinnert den anderen vielleicht an ein schönes Erlebnis. Der Geruch von Diesel-Abgasen kann an eine fürchterlich laute Wohnung an der Strasse erinnern - oder an die wunderbare Ferienfahrt mit der Fähre. Das gleiche Parfüm kann der eine abscheulich finden, weil es der strengen Lehrerin gehört. Der andere findet es super sexy, weil seine Freundin es benützt. Wie wir einen Duft bewerten, hängt ganz davon ab, was wir damit verbinden. Oder davon, was uns beigebracht wurde.

Diese Duft-"Prägung" beginnt schon im Mutterleib! Was eine Schwangere isst, "schmeckt" auch dem Kind in ihrem Bauch. Und gleich nach der Geburt geht es weiter. Noch bevor ein Baby richtig sehen kann, erkennt es die Brust seiner Mutter - am Geruch! Willkommen in der faszinierenden Welt der Düfte! Mandelguezli gibts allerdings erst mit drei Jahren
 

 

 
Tierische Schnüffel-Rekorde

Wir Menschen sollten die Nase nicht zu hoch tragen. Denn was das Riechen anbelangt, sind uns viele Tiere einfach überlegen.

Hunde
... erschnüffeln noch die kleinsten Duftmengen. Mit der Nase am Boden findet ein Spürhund Verbrecher. Als Spur genügt ihm der Geruch, der durch die Schuhsohle dringt! Speziell trainierte Drogenhunde schlagen bei illegalen Stoffen an. Lawinenhunde haben schon manchem Verschütteten das Leben gerettet. Immer der Nase nach leiten Blindenhunde ihre Herrchen nach Hause.

Seidenspinner
... finden durch Duft zueinander - über Kilometer hinweg! Die Weibchen des tropischen Schmetterlings produzieren einen Sexuallockstoff, den der Wind verbreitet. Männchen erkennen den Duft mit ihren Fühlern ("Antennen") und orten die Partnerin - wenn es sein muss, auch in ein paar Kilometer Entfernung.

Fliegen
... finden die Spur zu dem, was sie lecker nennen, am Gestank. Mäuse schnüffeln sich zum Käse durch. Und Stechmücken werden von unserem Schweissgeruch angelockt. Für viele Tiere ist der Geruch ausschlaggebend bei der Entscheidung "Soll ich das fressen, oder nicht?".

Lachse
... haben eine der besten Unterwasser-Nasen. Zur Paarung wandern sie weite Strecken vom Meer zurück in den Fluss, in dem sie geboren wurden. Den Weg finden sie unter anderem durch - Geruch! Doch Lachse sind nicht die einzigen Fische mit einem guten Riecher. Winzigste Mengen im Wasser gelöster Stoffe riecht zum Beispiel auch der Aal.

 

 
Schmecken ist Riechen!

Lächerlich! Gerade mal fünf Geschmacksrichtungen kann unsere Zunge unterscheiden. Süss, sauer, salzig und bitter. Daneben noch "umami", den fleischigen Geschmack des Geschmacksverstärkers Glutamat - das haben Forscher erst vor kurzem herausgefunden.

Doch selbst wenn sie in Zukunft noch ein paar mehr solcher neuen "Geschmäcker" entdecken, bleibt die Zunge eine Krücke. Das meiste, was wir als Geschmack empfinden, ist in Wirklichkeit Geruch. Nicht die Zunge macht die Arbeit, es ist die Nase. Du kennst das: Mit verstopfter Nase schmeckt das beste Essen fade. Und du kannst es ausprobieren: Halte dir die Nase zu, und lass dir ein Frucht-Bonbon in den Mund schieben. Es schmeckt: süss. Erst wenn du die Nase öffnest, kannst du auch den Frucht-Geschmack erkennen.

Übrigens: Die Behauptung, für jeden Geschmack seien andere Bereiche auf der Zunge zuständig, ist Unsinn! Wer zum Beispiel sagt, süss könne man nur mit der Zungenspitze schmecken, irrt. In Wirklichkeit sind Geschmacks-Knospen für alle Geschmackstypen über den ganzen Zungenrand verteilt. Unterschiede gibt es zwar, aber sie sind so klein, dass man nicht von verschiedenen "Geschmacksfeldern" sprechen kann. In vielen Büchern steht noch das Gegenteil - und alle haben falsch voneinander abgeschrieben. Jetzt weisst du es besser!


 
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